Einfluss von Mutationen in gH nach serieller Passage von gL-negativen Viren in Zellkultur auf die gL-unabhängige Infektiosität von Pseudorabies Virus

Das Pseudorabies Virus (PrV) gehört zu den Herpesviren, einer Gruppe von Viren, die neben vielen anderen Vertretern auch acht humanpathogene Erreger enthält. Aufgrund seiner einfachen Vermehrung in Zellkultur und der fehlenden Pathogenität für Menschen, stellt es einen idealen Modellorganismus dar, mit dem insbesondere molekularbiologische Aspekte der Herpesvirusinfektion gut untersucht werden können. Die Morphologie der Viruspartikel folgt dem Grundplan aller Herpesviren und setzt sich aus vier Bestandteilen zusammen: Dem Kern, dem Kapsid, dem Tegument und der Hülle. Die Virushülle leitet sich dabei von zellulären Membranen her und bildet eine Lipiddoppelmembran, in die virale, größtenteils glykosylierte Proteine eingelagert sind. Von den vier für die Penetration essentiellen Glykoproteinen (gB, gD und gH/gL) sind gB und der gH/gL-Komplex bei allen Herpesviren konserviert. Diese drei Glykoproteine sind im Gegensatz zu HSV, wo zusätzlich gD benötigt wird, auch für den cell-to-cell-spread bei PrV essentiell. Eine minimale Ausbreitung gL-negativer Viren von Zelle zu Zelle erlaubt allerdings deren Passage, wobei die gL-negativen Viren nach einiger Zeit wildtyp-ähnliche Titer erreichen. In einer vorherigen Passage konnte so ein Virus (PrV-gLPass) isoliert werden, bei dem ein gDH-Hybridprotein für die gL-negative Infektiosität verantwortlich war. In dieser Arbeit wurden zwei weitere Passagen von gL-negativen Viren durchgeführt und passagierte Viren, die wiederum zu einer gL-unabhängigen Infektiosität mit wildtyp-ähnlichen Titern befähigt waren, isoliert und analysiert (PrV-gLPass-104V4 und PrV-gLPassB4.1). Neben zusätzlichen Veränderungen konnten in beiden Viren wiederum Veränderungen im gH festgestellt werden. Eine Veränderung, die näher untersucht wurde, betraf ein gN-UL49-Hybridprotein aus PrV-gLPass-B4.1). Die Konstruktion einer auf PrV-gLPass-B4.1 basierenden Deletionsmutante (PrV-B4.1gN/UL49G) zeigte allerdings, dass diese Mutation keinen Einfluss auf die gL-unabhängige Infektiosität hatte. Die Sequenzierung der veränderten gH-Proteine ergaben für PrV-gLPass-104V4 das Vorliegen einer Deletion (61-139) und einer Punktmutation (P197T) und im Falle von PrV-gLPass-B4.1 zweier Punktmutationen (L70P und W103R). Diese definieren dabei einen Bereich in der N-terminalen Region von gH, welcher bei allen Passagen verändert war und möglicherweise eine gL-Interaktionsdomäne darstellt. Um die Veränderungen im gH weiter untersuchen zu können, wurde die erste beschriebene gH/gL-Doppeldeletionsmutante (PrV-gHF/LK) und entsprechende Einzelmutanten für gH (PrV-gHF) und gL (PrV-LK) als künstliches bakterielles Chromosom (bacterial artificial chromosome, BAC) konstruiert und charakterisiert. Der Vorteil dieses Systems liegt insbesondere bei der Veränderung von essentiellen Genen darin, dass durch die Mutagenese in Bakterien die unbeabsichtigte Einführung von weiteren kompensatorischen Mutationen im Virusgenom minimiert wird. Bei dem Versuch das veränderte gH aus PrV-gLPass-104V4 in den gH/gL-negativen Hintergrund zu klonieren, kam es zur Isolierung von viralen Subpopulationen mit deutlich unterschiedlichen Plaquegrößen. Die Sequenzanalyse von zwei daraus isolierten gH-Genen ergab dabei neben den für PrV-gLPass-104V4 beschriebenen Mutationen drei weitere Punktmutationen (gHG: A47T, G262W und 1662S), bzw. eine weitere Punktmutation (gHK: V279I). Die Wachstumseigenschaften wurden deshalb für alle mutierten gH-Proteine auf transkomplementierende Zelllinien (RK13-104V4gH, RK13-gHG, RK13-gHK, RK13-B4, 1gH), auf gH und gDH-exprimierenden Zelllinien (RK13-gHn5 und RK13-gDH) und auf Punktmutationen exprimiert (RK13-gh61-140). Hierbei zeigten sich deutliche Unterschiede im Verhältnis von produktiver Infektion und Plaquegrößen. Alle gH-Mutanten unterstützten eine Zell-zu-Zell-Ausbreitung von gH-, gL-, oder gH/gL-negativen Viren, wobei die zusätzlichen Punktmutationen zu großen synzytialen Plaques führten, die im Falle von gHG Wildtypgröße erreichten. Die gleichen Plaquegrößen aller Viren auf einer Zelllinie deuten dabei darauf hin, dass keine Interaktion mit gL mehr stattfindet. Im Gegensatz dazu erreichten die isolierten Virusmutanten nur Titer, die 3 bis 4 Größenordnungen unter denen des Wildtyps lagen. Für den kompletten Phänotyp der passagierten Viren PrV-gLPass-104V4 und PrV-gLPass-B4.1, die wildtypähnliche Titer erreichen, müssen deshalb zusätzliche Mutationen eine Rolle spielen. Bei Immunpräzipitationsversuchen der veränderten gH-Proteine mit gL konnte keine Interaktion der beiden Partner mehr nachgewiesen werden. Dies deckt sich mit den Zellkulturexperimenten der Mutanten, bei der die Anwesenheit von gL keine Rolle spielte. Alle Expressionsplasmide wurden in Fusions-Assays untersucht, wobei 104V4gH, gH61-140 und B4.1gH eine 2-3-fache Steigerung, gDH eine ca. 6-fache und gHG eine 12-fache Steigerung in der Fusogenität gegenüber Wildtyp-gH zeigten. Zusätzliches gL hatte nur bei Wildtyp-gH einen Effekt und steigerte dort die Fusogenität um ca. 60%. Die als hemmend auf die Fusion beschriebenen Proteine gM und UL43 sind auch in der Lage die Fusogenität der mutierten gH-Proteine einzuschränken. Gegenüber dem bisherigen beschriebenen Fusions-Assay mit gDH kann aber eine zusätzliche Aussage über das Verhältnis der Stärke der Hemmung gemacht werden, die für gM höher ist als für UL43. Welchen Einfluss die unterschiedlichen Mutationen auf die Fusogenität haben, wurde durch die zusätzliche Konstruktion von vier weiteren Expressionsplasmiden untersucht (gHGK, gHKG pcgHG262WI662S und pcgH61-141G262WI662S). Die Untersuchungen zeigten, dass die Mutationen G262W/I662S und V271I die Ursache für die zusätzliche Steigerung der Fusogenität waren, wobei eine N-terminale Deletion wie in PrV-gLPass-104V4 gH eine Voraussetzung für die erhöhte Fusogenität war. Zusätzlich wurden die fusogenen Eigenschaften für einige der mutierten gH-Proteine ohne gB untersucht. Hierzu wurde der etablierte Fusions-Assay durch den Einsatz von GFP-Reporterplasmides für die Untersuchung einzelner Proteine erweitert und die Auswertung mit Hilfe der Kolmogorov-Smirnov-Analyse (KS-Test) so modifiziert, dass auch kleine Abweichungen mit statistischer Signifikanz nachgewiesen werden konnten. Die Analysen ergaben, dass bereits Wildtyp-gH gegenüber der Kontrolle eine erhöhte Fusogenität zeigt. Die zusätzlichen Mutationen führten gegenüber Wildtyp-gH aber nicht zu einer Steigerung der Fusogenität. Als Ausblick auf weitere Arbeiten wurden die gB-Proteine aus PrV-gLPass-104V4 und PrV-gLPass-B4.1 kloniert und in Fusions-Assays mit den jeweiligen gH-Proteinen der Passagen eingesetzt. Die Ergebnisse zeigten, dass zumindest für PrV-gLPass-B4.1 gH und gB eine Fusogenität gemessen werden konnte, die der mit gB008 entspricht. Deis deutet darauf hin, dass zumindest in diesem gB weitere Mutationen vorhanden sind, die Einfluss auf dessen Funktionalität haben.

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