Computertools für die Vorhersage vom Transfer von Kontaminanten am Nutztier: Gibt es eine Zukunft ohne Tierexperimente?

Das Wissen über den Transfer von Stoffen aus dem Futtermittel oder Tränkwasser über die orale Aufnahme durch Nutztiere in die daraus gewonnenen Lebensmittel ist wichtig, um letztlich Aussagen hinsichtlich der Exposition des Menschen gegenüber diesen Stoffen treffen zu können. Dieser Stofftransfer kann als eine Art Brücke zwischen der Futtermittel- und der Lebensmittelsicherheit verstanden werden. Computer Tools zur Vorhersage des Transfers von Stoffen helfen bei der Abschätzung der zu erwartenden Konzentrationen in Lebensmitteln bei gegebener Exposition von Nutztieren durch zuvor genannte Quellen. Ein Beispiel für ein solches Tool ist ConTrans (https://contrans.bfr.bund.de). Die Vorhersagen solcher Computertools basieren auf dem bereits vorhandenen Wissen über den Transfer, was üblicherweise aus Tierversuchen stammt. Tierversuche sind daher für viele Vorhersagemodelle eine Art „Goldstandard“. Diese Modelle kombinieren das Wissen aus der Tierernährung, des Wachstums und der Toxikokinetik (Aufnahme, Verteilung, Verstoffwechselung und Ausscheidung oder kurz eng. ADME von Stoffen). Je nach Stoff, Tierart und Lebensmittel müssen dabei unterschiedliche Teilaspekte der ADME berücksichtigt werden. Beispielsweise ist bei Perfluoroalkylsäuren (PFAA) eine Verstoffwechselung ausgeschlossen, so dass dieser Mechanismus entfällt; im Gegensatz dazu werden Pflanzentoxine wie Pyrrolizidinalkaloide (im Pansen oder in der Leber) relativ schnell abgebaut, so dass dieser Aspekt große Bedeutung hat. New Approach Methodologies (NAM) versuchen, Teilaspekte und Mechanismen der Toxikologie ohne Tierexperimente zu beschreiben. Solche NAM werden in der Wissenschaft für die Vorhersage der ADME Eigenschaften von Stoffen getestet. Neben in-vitro-NAM (z. B. Leber-S9-Inkubationen zur Untersuchung potenzieller Speziesunterschiede in der Verstoffwechselung von sekundären Pflanzeninhaltstoffen) gibt es auch reine in-silico-NAM, die ohne Tierexperimente auskommen (Replacement). So ist es möglich, unter
Verwendung rein physikalisch-chemischer Beziehungen, die Gewebe-Blutplasma-Verteilung von Stoffen vorherzusagen, und zwar mindestens genauso gut wie neueste Methoden des maschinellen Lernens. Hier existieren bereits Anwendungsbeispiele z. B. für die Verteilung von 2,3,7,8-TCDD (Leitkongener der Dioxine) in Mastschweinen, Masthühnern und Legehennen. Gleichzeitig kann die Vorhersage genutzt werden, um
die Verwendung von Tieren zur Untersuchung von Gewebekonzentrationen zu  reduzieren (Reduction). Die Vorhersage von Gewebekonzentrationen kann auch bei der Planung von Tierversuchen hilfreich sein, um z. B. die interne Exposition gegenüber natürlichen Toxinen unter einem bestimmten Schwellenwert zu halten (Refinement).
Schlussendlich ist es das Ziel, ein Vorhersagemodell zu erstellen, welches das  gesamte Spektrum der für den jeweiligen Transfer relevanten ADME-Phänomene abbildet. Aktuell gibt es erst wenige Fälle, in denen rein NAM-basierte Verfahren den Stofftransfer abbilden können – dies gelang bisher nur beispielhaft. Es gibt noch viel Forschungsbedarf, bis man für die Erstellung von Transfervorhersagen gänzlich ohne
Tierexperimente auskommt.

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