Bewertungsbericht zur Fördermaßnahme „Fließgewässerentwicklung“ (7.6) : Programm zur Förderung im ländlichen Raum 2014 bis 2022 in Niedersachsen und Bremen (PFEIL)
Im Rahmen der Evaluation der Fördermaßnahme „Fließgewässerentwicklung“ (FGE) wurden die vorliegenden Bewilligungsdaten ausgewertet und Fallstudien durchgeführt. Nachdem im Ex-post-Bericht für die Förderperiode 2007 bis 2013 die Wirkungen einzelner Projekte und Förderbereiche dargestellt wurden (Bathke, 2016), lag der Schwerpunkt der Evaluation in der hier betrachteten Förderperiode 2014 bis 2022 im Bereich der Akzeptanzanalyse, insbesondere auch mit Blick auf die Wirkungen der Förderung von Gewässerallianzen. Es wurden leitfadengestützte Interviews mit verschiedenen Gewässerkoordinator:innen sowie mit den Geschäftsführern einzelner Unterhaltungsverbände durchgeführt, in denen die verwaltungstechnischen Probleme in der Umsetzung der ELER-Förderung im Vordergrund standen. Wirkungen einzelner Förderprojekte wurden mitbetrachtet und die Ergebnisse von Wirkungskontrollen fließen in die Fallstudienberichte mit ein.
Der vorliegende Bericht fasst die Ergebnisse zusammen und führt zu einer Bewertung der Fördermaßnahme FGE (Code 7.6). Diese zielt auf die Erreichung des guten ökologischen Zustands von Fließgewässern bzw. des guten ökologischen Potenzials entsprechend der Vorgaben der EG-Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) ab.
Es wurden bis Ende 2023 insgesamt Finanzmittel in einem Umfang von 19,8 Mio. Euro an EU-Mitteln bewilligt und ausgezahlt (171 Projekte mit Beteiligung von EU-Mitteln). Das Gesamtinvestitionsvolumen lag bei 35,2 Mio. Euro. Der Start der Förderung verzögerte sich etwas und Bewilligungen waren erst sehr spät im Jahr 2016 möglich. Ein Grund hierfür war u. a. eine späte Veröffentlichung der Förderrichtlinie.
Träger der Umsetzung waren insbesondere die Gewässerunterhaltungsverbände (UHV), die über die Hälfte der Projekte umsetzten und knapp 40 % der Mittel verausgabten. Der wichtigste einzelne Maßnahmenträger war der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von ca. 9,7 Mio. Euro. Weitere wichtige Vorhabenträger waren die Städte und Gemeinden sowie die Landkreise.
Die meisten Finanzmittel wurden für die Beseitigung von ökologischen Sperren und die Herstellung der Durchgängigkeit eingesetzt (49 %). Der Grunderwerb ist gegenüber früheren Förderperioden deutlich zurückgegangen. Für den Flächenkauf in Verbindung mit strukturverbessernden Maßnahmen wurden ca. 1,2 Mio. Euro verausgabt. Der Anteil der Planung ist mit knapp 10 % gegenüber der früheren Förderperiode (3 %) deutlich angestiegen. Dies ist insbesondere auf die aufwendigen Planungen zur Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit an größeren Wehranlagen zurückzuführen.
Die Auswahl der Projekte erfolgte sehr zielgerecht auf der Grundlage fachlich abgeleiteter Auswahlkriterien und abgestimmter Methodenstandards (z. B. NLWKN, 2017).
Mit Hilfe einer flankierenden Förderung mit Landesmitteln (Förderung der Beschäftigung von Gewässerkoordinator:innen bei den Unterhaltungsverbänden in den Gebieten der Gewässerallianz Niedersachsen, Förderung „kleiner Vorhaben“) gelingt es, die Akzeptanz für die Fördermaßnahme zu verbessern und auch kleinere Verbände ohne hauptamtliche Geschäftsführung in das Fördergeschehen einzubinden.
In den Expertengesprächen mit Vertreter:innen der Unterhaltungsverbände wurden insbesondere die langen Bearbeitungszeiten bei der Antragsbearbeitung, die erforderlichen Eigenanteile, die Nicht-Erstattung von Kreditkosten und die Nicht-Förderfähigkeit von Eigenleistungen oberhalb der Höhe des Eigenanteils kritisiert. Das gesamte Antrags- und Förderverfahren wird von vielen Zuwendungsempfängern als durch eine „Kultur des Misstrauens“ geprägt wahrgenommen.
Auf der Grundlage der benannten Probleme mit der verwaltungstechnischen Umsetzung werden Empfehlungen für die weitere Durchführung und Umsetzung der Fördermaßnahme im Rahmen des nationalen GAP-Strategieplans 2023–2027 (GAP-SP 2023–2027) in Niedersachsen gegeben. Mit den Rahmenbedingungen für die Förderung ab 2023 wurden wesentliche Empfehlungen, die ansonsten hier zu formulieren wären, bereits umgesetzt. Hierzu gehören insbesondere die Anhebung der Förderquote auf 100 % für Unterhaltungsverbände und der verstärkte Einsatz von Landesmitteln.
Weitere Empfehlungen betreffen konkrete verwaltungstechnische Vereinfachungen, z. B. die Möglichkeit der Saldierung von Abweichungen bei verschiedenen Kostenpositionen.
Die EU-Förderung stellt hohe Anforderungen an die dezentral aufzubauende und aufrechtzuerhaltende Expertise und die Koordinationserfordernisse durch den NLWKN. Vor diesem Hintergrund sollte in der Bewilligungsbehörde und beim GB2 (Fachdienst beim NLWKN, Geschäftsbereich 2: Planung und Bau) ausreichend Personal vorgehalten und ein hohes Maß an Personalkontinuität angestrebt werden.
Die Gespräche mit den Verbandsvorsitzenden, den Gewässerkoordinator:innen und den Mitarbeiter:innen des NLWKN haben gezeigt, dass auf allen Ebenen ein hohes Maß an Engagement vorhanden ist und auch die Bereitschaft besteht, sich trotz der bekannten grundlegenden Konstruktionsfehler der WRRL (überhöhte und unrealistische Zielsetzungen, Überbürokratisierung, Unterfinanzierung) weiterhin für die naturnahe Entwicklung der Fließgewässer einzusetzen. Die mit dem GAP-SP 2023–2027 für die Fördermaßnahme in Niedersachsen nun vorgesehenen Änderungen in den Förderbedingungen werden von den Gesprächspartner:innen einheitlich begrüßt und die eingeplanten Landesmittel werden voraussichtlich rasch ausgeschöpft werden. Die Skepsis gegenüber der Förderung mit EU-Mitteln sitzt allerdings tief. Sofern der NLWKN die eingeplanten EU-Mittel nicht verausgaben kann und auch andere Antragsteller in die EU-Förderung einbezogen werden sollen, bedarf es weiterer Vereinfachungen im Antragsverfahren, einer stärkeren Unterstützung potenzieller Zuwendungsempfänger (Übernahme von Zinskosten, vereinfachte Vergabe bei Kleinprojekten) und einem Abbau der „Misstrauenskultur“ im ELER-Bereich.
Mit Blick auf den erheblichen Finanzbedarf für die Umsetzung von Natura 2000, der weit über die Fördermög-lichkeiten im Rahmen des ELER hinausgeht, empfiehlt der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU, 2017) die Einrichtung eines europäischen Naturschutzfonds. Bei Erweiterung um die WRRL wäre ein solcher Fonds als Umweltschutzfonds zu bezeichnen. Es sollte geprüft werden, inwieweit das Land diese Empfehlung auf verschiedenen politischen Ebenen unterstützen möchte.
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