Blankaalabwanderung in der niedersächsischen Ems: Quantitative Untersuchungen zur Verbesserung von Management, Bewirtschaftung und Schutz des Europäischen Aals (BALANCE)

Das zentrale Element der Europäischen Aal-Verordnung mit dem Ziel einer Wiederauffüllung des Bestands des Europäischen Aals ist die Erhöhung der Anzahl abwandernder Aale aus Binnen- und Küstengewässern. Durch eine verstärkte Abwanderung von Blankaalen soll die effektive Laicherbestandsbiomasse erhöht und in weiterer Folge das Glasaalaufkommen gesteigert werden. Allerdings ist eine vollständige empirische Erfassung der Blankaal-Abwanderung aus größeren Gewässern gewöhnlich nicht umsetzbar, so dass diese mithilfe von Bestandsmodellen geschätzt wird. In den deutschen Flussgebietseinheiten wird dafür das German Eel Model IIIc (GEM) verwendet. Wie jedes Bestandsmodell beruht auch das GEM auf bestimmten Annahmen und ist stark abhängig von der Güte der Eingangsparameter. Für die Erfüllung der Vorgaben der Aal-Verordnung ist es daher unerlässlich, zu prüfen, ob die modellierten Daten die tatsächliche Blankaalabwanderung mit ausreichender Genauigkeit abbilden.

Im Projekt BALANCE wurde die Aal-Abwanderung aus der Ems über einen Zeitraum von zwei Jahren anhand einer Fang-Wiederfang- und einer Telemetrie-Studie empirisch erhoben und mit den Ergebnissen der GEM-Modellierung für dasselbe Gebiet verglichen. Ergänzend wurden Untersuchungen zum Abwanderungsverhalten von Blankaalen in Abhängigkeit unterschiedlicher Umweltfaktoren durchgeführt.

Die Hauptabwanderungszeit der Blankaale erstreckte sich in der Wandersaison 2020/2021 von Mitte September bis Ende Januar und in 2021/22 von Mitte September bis Februar. Der Beginn der Abwanderung korrelierte dabei mit sinkenden Temperaturen im Herbst, wobei insbesondere die Strömungsgeschwindigkeit eine wichtige Rolle in der Abwanderungsdynamik spielte. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass im Frühjahr gefangene Blankaale im Vergleich zu den im Herbst gefangenen Individuen ihre Wanderung oftmals unterbrachen. Dies galt insbesondere für Aale des Vorwanderstadiums SI-III, weshalb diese nicht grundsätzlich als abwandernde Blankaale eingestuft werden sollten.

Die Projektergebnisse zeigen, dass die tatsächliche Gesamtabwanderung von Blankaalen aus der Ems deutlich niedriger ist als angenommen. Die erhobenen Abwanderungszahlen erreichen nur ca. 17% der Werte, die das GEM für dasselbe Gebiet berechnete. Die modellierte Schätzung übersteigt die reale Abwanderung also ungefähr um das sechsfache. Auch in vorangegangenen Evaluierungen des GEMs wurde die Abwanderung von Aalen häufig überschätzt. Ein systematischer Fehler bei der Auswahl der Eingangsparameter (zu optimistische Betrachtung) und/oder fehlerhafte Annahmen des Modells an sich sind dafür mögliche Erklärungen, weshalb von einer nicht Gewässer-spezifisch validierten Anwendung der GEM-Ergebnisse für die Umsetzung des deutschen Aalmanagements abgeraten werden muss.

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