Erfassung und Benchmarking des Antibiotikaverbrauches bei Nutztieren : Wo stehen wir?

Das mit der 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes eingeführte und mittlerweile im neu geschaffenen Tierarzneimittelgesetz verankerte Antibiotikaminimierungskonzept hat sich insgesamt als geeignetes Mittel zur Reduktion des Antibiotikaeinsatzes bei Nutztieren erwiesen. Insbesondere bei Mastrindern, Mastferkeln und Mastschweinen hat es zu starken Rückgängen beim Antibiotikaeinsatz geführt, bei Mastkälbern, Mastputen und insbesondere Masthühnern jedoch noch nicht denselben Erfolg gezeigt. Mit Geltung ab 2023 wurde das Konzept entsprechend vorliegender Erkenntnisse aus der Evaluierung der 16. AMG-Novelle und im Rahmen von EU-Vorgaben angepasst. Mit der 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes (AMG) wurde 2014 ein Antibiotikaminimierungskonzept eingeführt, das die Erfassung des Antibiotikaeinsatzes bei zur Mast gehaltenen Nutztieren (Nutzungsarten: Mastkälber, Mastrinder, Mastferkel, Mastschweine, Masthühner, Mastputen) und ein halbjährliches Benchmarking der betroffenen Tierhaltungsbetriebe umfasst. Es verpflichtet die Tierhaltungsbetriebe zur halbjährlichen Mitteilung ihrer Tierzahlen und Antibiotikaanwendungen. Liegt die daraus ermittelte betriebliche Therapiehäufigkeit oberhalb bundesweiter Kennzahlen, muss ein Tierhaltungsbetrieb oberhalb von Kennzahl 1 zusammen mit der Tierärzt*in die Gründe für den Antibiotikaeinsatz und Möglichkeiten zu dessen Verringerung prüfen, sowie oberhalb von Kennzahl 2 der zuständigen Behörde einen schriftlichen Maßnahmenplan dazu vorlegen. Die Evaluierung der 16. AMG-Novelle, die den Zeitraum 2014 bis 2017 untersuchte, förderte unterschiedliche Entwicklungen in den Nutzungsarten zu Tage. Bei Mastferkeln und Mastschweinen führte das Antibiotikaminimierungskonzept zu einem starken Rückgang des Antibiotikaeinsatzes, der sich im Anschlusszeitraum seit 2018 mit gewissen Schwankungen und nur noch in geringerem Tempo fortsetzt. Bei Mastkälbern gab es lediglich zu Beginn der Erfassung eine starke Reduktion des Antibiotikaeinsatzes. Seit 2016 sind in dieser Nutzungsart keine weiteren Fortschritte zu verzeichnen. Der ohnehin geringe Antibiotikaeinsatz bei Mastrindern ging bis 2016 noch einmal stark zurück und zeigt seitdem einen weiterhin leicht absteigenden Trend. Bei Masthühnern wurde in den ersten drei Halbjahren der Erfassung des Antibiotikaeinsatzes ein starker Rückgang verzeichnet. Ab 2016 stieg der Verbrauch jedoch kontinuierlich wieder an und überschreitet seit 2020 sogar wieder das Ausgangsniveau. Masthühner stellen nun die Nutzungsart mit dem höchsten Antibiotikaeinsatz dar, wohingegen zu Beginn der Erfassung der Einsatz bei Mastferkeln und Mastputen am höchsten war. Bei Mastputen gab es in den ersten fünf Halbjahren zunächst eine starke Reduktion des Antibiotikaeinsatzes, dieser stieg in der Folgezeit allerdings wieder an. Erst seit 2020 zeigt sich wieder ein abfallender Trend. Als positive Entwicklung, die auf alle Nutzungsarten zutrifft, ist der Rückgang des Einsatzes kritischer Antibiotika zu bewerten. Nach der Überführung in das neu geschaffene Tierarzneimittelgesetz (TAMG; Geltung ab 2022) wurde das Antibiotikaminimierungskonzept im Lichte der bisherigen Erkenntnisse nachgeschärft sowie an neue EU-Gesetzgebung zur Erfassung von Antibiotikaverbrauchsmengen angepasst. Diese Anpassungen gelten ab 2023 und umfassen (i) den Übergang der Mitteilungsverpflichtung über Antibiotikaanwendungen von Tierhaltungsbetrieben auf Tierärzt*innen, (ii) die Aufnahme neuer Nutzungsarten (u. a. Milchkühe, Sauen und Saugferkel, Legehennen), (iii) die Einführung einer Beobachtungskategorie für Nutzungsarten, bei denen der Antibiotikaeinsatz mit geringerem Aufwand für Betriebe und Überwachungsbehörden (d. h. ohne Benchmarking) beobachtet werden soll, (iv) die Einführung eines Malusfaktors für kritische Antibiotika bei der Berechnung der Therapiehäufigkeit, (v) die Ermächtigung der Überwachungsbehörden, bei wiederholtem Überschreiten der Kennzahl 2 eine vertiefte mikrobiologische Diagnostik anzuordnen und (vi) eine jährliche Bewertung der Ergebnisse durch das BfR.

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