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Instrumente der Regionalentwicklung, Beteiligungsprozesse und Kapazitätsaufbau: Ergebnisse der Begleitforschung zum Modellvorhaben Land(auf)Schwung im Themenschwerpunkt "Governance"

Regionale Entwicklungsinitiativen nutzen häufig Governance-Instrumente, die aus der Privatwirtschaft übernommen werden. Dazu zählen beispielsweise die Mittelvergabe über Wettbewerbe, das Steuern über Ziele, Regionalbudgets und Management Boards unter Beteiligung öffentlicher und nicht-öffentlicher Akteure. Mit diesen Instrumenten sollen Entscheidungen unabhängig von kurzfristigen wahltaktischen Erwägungen getroffen, breitere Wissensbestände einbezogen, Innovationen initiiert, die Akzeptanz und Motivation der lokalen Akteure gefördert, Mittel sparsamer eingesetzt sowie regionalspezifische Strategien und der Aufbau eigenständiger Strukturen ermöglicht werden. Inwiefern die neuen Instrumente diese Erwartungen erfüllen, ist trotz teils jahrzehntelanger Praxis bisher wenig untersucht. Zur Erprobung der Instrumente Wettbewerb, Regionalbudget, Steuern über Ziele, Beteiligung von Schlüsselpersonen, Förderlotse, Ressourcenplan und interregionaler Vernetzung führte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) das Modellvorhaben Land(auf)Schwung mit 13 besonders vom demographischen Wandel betroffenen ländlichen Regionen in ganz Deutschland durch. Die Begleitforschung zum Modellvorhaben hat im Themenschwerpunkt „Governance“ untersucht, inwiefern die Erwartungen an die erprobten Instrumente erfüllt wurden und welche unbeabsichtigten Nebenwirkungen aufgetreten sind. Auf dieser Grundlage wurden Handlungsempfehlungen zur Governance in ländlichen Regionalentwicklungsprozessen abgeleitet. Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurden quantitative und qualitative Methoden kombiniert. So wurden Vertreter*innen der 37 Bewerberregionen und alle Mitglieder in den 13 Entscheidungsgremien standardisiert befragt sowie zu drei Zeitpunkten Gruppeninterviews und teilnehmende Beobachtungen in den Modellregionen sowie bei Vernetzungsveranstaltungen durchgeführt.
Die Ergebnisse zeigen beispielsweise, dass Regionalbudgets bei den regionalen Akteuren äußerst beliebt sind, denn sie werteten nicht nur die regionale Entscheidungsebene auf, sondern boten auch umfassende Flexibilität, um den baren Eigenanteil ressourcenschwacher Akteure in benachteiligten Regionen gering zu halten. Die in der Fachliteratur erhofften Effekte von Regionalbudgets auf die Effektivität, Effizienz und Legitimität von Regionalförderung lassen sich – abgesehen von einzelnen positiven Effekten – jedoch schwer nachweisen. Demgegenüber stehen negative bzw. potenziell negative Wirkungen wie bspw. hohe Transaktionskosten, Förderkoalitionen, Druck zur Mittelverausgabung oder fehlende Größenvorteile bei der Abwicklung. Darüber hinaus führten die Partizipationsprozesse in den regionalen Entscheidungsgremien dazu, dass die ressourcenstarken Akteure begünstigt wurden. Zudem konnten Schlüsselakteure identifiziert werden, die meist mehrere Funktionen auf wenige Personen vereinen. Einerseits bedeutet dies eine hohe Reputation für diese Personen, andererseits ist das auch ein Hinweis auf gewisse Abhängigkeiten, geringe Spezialisierung und eine begrenzte Einbindung der anderen Beteiligten. Auf der Grundlage von beobachteten Governance-Mustern im Prozessverlauf wurde als ein Beispiel für eine Handlungsempfehlung ein Monitoringkonzept entwickelt, damit Fördermittelgeber frühzeitig regional bestehenden Unterstützungsbedarf oder Fehlentwicklungen, die ein Eingreifen in bestimmten Phasen des Prozesses erforderlich machen, erkennen können. Hierzu zählt z. B. die Erfahrung mit entsprechenden Förderinitiativen in der Region in der Initiierungsphase, die Partizipationsintensität nach der Konzeptphase oder die Mittelbindung zwei Jahre nach Beginn der Umsetzungsphase.

Regional development initiatives often use governance tools adopted from the private sector. These include, for example, the allocation of funds via competitions, management by objectives, regional budgets, and management boards with the participation of public and non-public actors.
With these instruments, decisions should be made independently of short-term electoral considerations, include a broader stock of knowledge, initiate innovations, promote the acceptance and motivation of local actors, use funds more economically and enable region-specific strategies and the development of self-sustaining structures. To what extent the new instruments meet these expectations has not been researched, despite decades of practice. To test the instruments of competition, regional budget, management by objectives, the participation of key persons, guide for funding support, resource plan and interregional networking, the Federal Ministry of Food and Agriculture (BMEL) conducted the pilot program Land(auf)Schwung (rural up-swing) with 13 rural regions particularly affected by demographic transformation all over Germany. The accompanying research for the pilot program has examined in the topic "Governance" to what extent the expectations of the tested instruments have been met and what unintended side effects have occurred. On this basis, recommendations for action on governance in rural regional development processes were derived. Quantitative and qualitative methods were combined to answer the research questions. Representatives of the 37 applicant regions and all members of the 13 decision-making bodies were questioned in a standardized way, and group interviews and participatory observations were carried out in the model regions at three times and at networking events. The results show, for example, that regional budgets are extremely popular with regional actors because they not only enhance the regional level of decision-making, but also offer extensive flexibility in order to keep the own funds of low-resource actors in disadvantaged regions low. The hoped-for effects of regional budgets on the effectiveness, efficiency and legitimacy of regional development, mentioned in the literature, could be hardly demonstrated in the data. On the other hand, there are negative or potentially negative effects such as high transaction costs, funding coalitions, pressure to spend funds or a lack of economies of scale in administrating the funds. Furthermore, the participation processes in the regional decision-making bodies meant that those with strong resources were favored. In addition, key players could be identified, who usually combine several functions on just a few people. On the one hand, this means a high reputation for these people, on the other hand, it is also an indication of certain dependencies, low specialization and limited involvement of the other participants. As an example of a policy recommendation, a monitoring concept was developed on the basis of governance patterns observed in the course of the development process. Using such a monitoring allows funding bodies of rural development to identify at an early stage any regional need for support or undesirable developments that make intervention in certain phases necessary. This includes, for example, the experience with corresponding funding initiatives in the region in the initiation phase, the intensity of participation after the concept phase or the commitment of funds two years after the start of the implementation phase.

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