Gesundheitsprobleme und Tierarzneimittelanwendungen auf den Milchviehbetrieben im Netzwerk der Pilotbetriebe

In der vorliegenden Studie wurden für ein Milchjahr (2015) auf 35 deutschen Milchviehbetrieben (19 ökologisch, 16 konventionell wirtschaftend) im Netzwerk der Pilotbetriebe die medikamentösen Behandlungen in der Milchviehhaltung anhand der tierärztlichen Anwendungs- und Abgabebelege und der betrieblichen Aufzeichnungen für Kälber, Jungvieh und Milchkühe erfasst. Auf Betrieben mit guter Datenlage wurden auch längere Zeiträume analysiert. Per Interview wurden subjektive Einschätzungen zum Status der Tiergesundheit bei den Betriebsleitenden abgefragt und mit der vorgefundenen Medikation und Gesundheitsdaten der Milchleistungsprüfung verglichen. Die persönliche Einschätzung zum Krankheitsdruck stimmte nicht grundsätzlich mit der Medikation auf den Betrieben und den Gesundheitsdaten der Tiere überein, insbesondere bei Mastitis. In den ökologischen Betrieben wurden im Vergleich mit den konventionellen Betrieben im Median ein höherer Anteil euterkranker Milchkühe (> 100.000 somatische Zellen ml-1 Milch) gefunden. Die Häufigkeit des Medikamenteneinsatzes gegen entzündliche Eutererkrankungen (behandelt als Mastitis während der Laktation und zum Trockenstellen) war dagegen geringer. Möglicherweise zeigt sich hier die Gefahr, dass das Selbstverständnis vieler ökologisch wirtschaftender Betriebe, zum Schutz von Umwelt und Humangesundheit geringe Antimikrobiotikamengen einzusetzen, im Zusammenspiel mit den Öko-Richtlinien zu einer Untermedikation führen kann. Andererseits wiesen die konventionell wirtschaftenden Pilotbetriebe im Median einen ähnlich hohen Anteil eutergesunder Milchkühe auf, unabhängig davon, ob entzündliche Eutererkrankungen als Gesundheitsproblem genannt wurden oder nicht. Allerdings war bei Nennung des Problems der Anteil diesbezüglich antibiotisch behandelter Milchkühe um den Faktor 3,3 höher. Umso wichtiger sind hier konsequente analyse- und datenbasierte Beratungsansätze mit Unterstützung der Tierärzte, deren Rolle diesbezüglich gestärkt werden sollte. Insgesamt waren die Therapiehäufigkeit als Maßzahl zur Beschreibung des Verbrauchs an antimikrobiellen Tierarzneimitteln und die Anteile behandelter Tiere in allen Tierkategorien und Gesundheitsbereichen auf den ökologischen Pilotbetrieben deutlich niedriger als auf den konventionellen. Dies galt beispielsweise auch für die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als besonders kritisch für die Humangesundheit eingestuften Wirkstoffgruppen der Fluorchinolone und Cephalosporine der 3. und 4. Generation. Das eingesetzte Spektrum an antimikrobiellen Wirkstoffgruppen unterschied sich zwischen ökologisch und konventionell wirtschaftenden Betrieben dagegen nur bei der Kälberaufzucht. Hinsichtlich der Ressourceneffizienz wurde erstmals zusammengestellt, welche Wirkstoffmengen an für die Humangesundheit kritischen antimikrobiell wirksamen Substanzen nach WHO für die Produktion von 1.000 kg ECM auf den Pilotbetrieben eingesetzt wurden. Grundsätzlich wird durch diese Zusammenstellung der Medikation in der Milchviehhaltung deutlich, dass eine hohe Bandbreite bei der Anzahl der eingesetzten Medikamente und bei der Anzahl und Dauer der Behandlungsgänge beim Vergleich von Betrieben besteht. Therapien von Krankheiten, Verletzungen und Parasitenbefall müssen daher unabhängig vom Betriebssystem stets vom Einzeltier her, diagnoseabhängig und mit einzelbetrieblichen Managementplänen angegangen werden.

In our study we analysed 35 German dairy cattle farms (19 organic, 16 conventional) of the network of pilot farms (http://www.pilotbetriebe.de) with respect to their use of veterinary drugs in dairy cattle, young stock and calves. The veterinary prescription records and the records of the farmers on medical treatments of their animals were analysed for the milk year 2015 (October 2014 through September 2015); longer periods were analysed in 13 farms with good data quality over time. Additionally, the farmers reported their personal views about the health status of their animals. We compared the answers to the recorded medications and, for dairy cows, to health data available from the official milk quality testing. The farmers’ acknowledgement of a health problem and its treatment did not generally correspond with the associated health data. This was particularly clear for udder infections. On the organic pilot farms, we found a higher share of dairy cows with a milk somatic cell count above 100,000 than on the conventional ones, while treatments of mammary infections (against mastitis and for drying off) were conducted less frequently. This could possibly be attributed to a combination of the self-conception of many organic farmers to rarely use antimicrobial substances for the sake of environment and human health and the requirements set by the EU regulations on organic production. This also carries the risk of insufficient medication. On the other hand, conventional pilot farms showed a similar share of dairy cows with milk somatic cell counts of or below 100,000 if reporting a problem with udder infections as well as if not reporting it and the share of dairy cows treated with an antimicrobial against mammary infection was 3.3 times higher. For this reason, consistent veterinary advice based on analyses and data appear most important to tackle these problems – alongside a strengthening of the role of the veterinarian in this regard. Treatment frequencies – as a variable to describe the use of antimicrobial veterinary drugs – were lower for all animal categories and in the medication of all health issues on the organic farms, analogue to the share of treated animals. This also applies for those groups of substances that are classified e.g. by the World Health Organization (WHO) as critically important for human medicine, such as fluoroquinolones and third and fourth generation cephalosporines. The class profiles of antibiotics used in calves were the only ones that differed between the organic and the conventional farms in this study. As a means to measure resource efficiency, we compiled the quantities of the individual antimicrobial substances used to produce 1,000 kg energy corrected milk. In principal, our study shows the great variability across the pilot farms in both systems and in all parameters assessed. We conclude that diseases, injuries, and parasite infections should always be treated by putting the individual animal in centre. Regardless of the agricultural system, treatment should be based on diagnosis and it should be accompanied by farm individual animal health plans.

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