Online - Fachgespräch zum Thema "Biodiversität im Obstbau": Julius Kühn - Institut, Dossenheim, 04.05.2021

GND
1173179259
Zugehörigkeit
Julius Kühn-Institut (JKI), Institut für Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau, Deutschland
Eben, Astrid;
GND
115662456
Zugehörigkeit
Julius Kühn-Institut (JKI), Institut für Biologischen Pflanzenschutz, Deutschland
Herz, Annette

Eine hohe Biodiversität ist Voraussetzung für die Funktionalität und Stabilität von Ökosystemen. Stabile Produktionssysteme, z.B. Obstanlagen, sichern unsere Ernährung, da bestäubende Insekten und natürliche Gegenspieler von Schädlingen unabdingbar für die Entwicklung von Früchten an Obstgehölzen und somit für die Ernteerträge sind. In den vergangenen Jahrzehnten sind Artendiversität und Biomasse von Insekten und Vögeln in unserer Landschaft auffallend stark zurückgegangen. Aus diesem Grund steht das Thema Biodiversität und vor allem der dokumentierte Rückgang von Vorkommen, Häufigkeit und Vielfalt vieler Insektenarten in der Kulturlandschaft, seit einigen Jahren nicht nur im Fokus der wissenschaftlichen, sondern auch der politischen und öffentlichen Aufmerksamkeit. Die möglichen Ursachen für den Rückgang von Biodiversität sind komplex und daher nicht leicht zu bewerten, es ist jedoch aus diversen Untersuchungen klar erkennbar, dass der Verlust und die qualitative Verschlechterung von Lebensräumen für Insekten aufgrund von mangelnder Diversität und Vorhandensein blühender Pflanzen, die generell abnehmende Strukturvielfalt in der Kulturlandschaft durch intensive Landnutzung sowie das Fehlen ungestörter, potentieller Rückzugsflächen großen Einfluss hat. Der Erhalt und die Wiederherstellung dieser Lebensräume sowie deren Vernetzung sind von großer Wichtigkeit. Entsprechend der aktuellen Bedeutung dieses Themas wurde auf Veranlassung des BMEL (Referate 713 und 716) am Julius Kühn – Institut für Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau ein online-Fachgespräch veranstaltet. In acht Fachvorträgen ist das Thema „Biodiversität im Obstbau“ umfassend dargestellt worden. Der aktuelle Kenntnisstand zu Biodiversität im IP- und Öko-Obstbau wurde unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet. Ansätze, die zeigen, dass im Obstbau erfolgreich die Ökosystemdienstleistungen von Nützlingen in Pflanzenschutzmaßnahmen mit einbezogen werden, wurden präsentiert, weiterer Forschungs- und Handlungsbedarf wurde aufgezeigt und Ergebnisse von diversen Forschungsprojekten wurden diskutiert. Die Vorträge hoben den Einfluss der Umgebungsvegetation auf das Vorkommen von Nutzarthropoden hervor. Eine vielfältige, kleinräumige Landschaft, Heckenstrukturen, Gehölzsäume, Bewirtschaftungsmaßnahmen wie Staffelmahd, alternierendes Mulchen und das Vorhandensein von extensiv genutzten Randstreifen, mehrjährigen Blühstreifen mit heimischen Pflanzenarten oder Brachen wirken sich fördernd auf die Biodiversität in den Obstanlagen aus. Dies ist unabhängig von integrierter oder ökologischer Bewirtschaftung, auch lassen sich IP-Richtlinien im Obstanbau sehr gut mit dem Schutz von Biodiversität in Einklang bringen, da Erhalt und Förderung von Artenvielfalt bereits ein Schwerpunkt bei der Erstellung dieser Richtlinien im Jahr 1990 war. Priorität für den Erfolg aller durchgeführten Biodiversitätsmaßnahmen ist es, eine hohe Strukturvielfalt in und um die Obstanlagen zu schaffen und zu erhalten. Besonders wichtig ist das ganzjährige Angebot an Nahrungspflanzen und Nistplätzen für Bestäuber und andere Nützlinge. In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass bereits erprobte, erfolgreiche Handlungsoptionen zur Förderung und zum Erhalt von Biodiversität in und um die Obstanlagen bekannt sind, jedoch ist es unabdingbar, die Umsetzung in den Betrieben an die jeweiligen internen Betriebsstrukturen und die lokal unterschiedliche Umgebungsvegetation anzupassen. Aus den aktuellen Erfahrungsberichten und Projektergebnissen wurde erkennbar, dass Biodiversitätsmaßnahmen derzeit den chemischen Pflanzenschutz nicht vollständig ersetzen können. Notwendige Pflanzenschutzmaßnahmen sollten jedoch an die jeweiligen biodiversitätsfördernden Maßnahmen angepasst werden. Hier besteht noch akuter Forschungsbedarf, z.B. zur adäquaten Gestaltung von Schadschwellen oder Aktionsfenstern. Dazu ist die Zusammenarbeit mit örtlichen Pflanzenschutzberatern äußerst wichtig. Die verstärkte Schulung von Beratern für die Umsetzung der Biodiversitätsmaßnahmen in Kombination mit Pflanzenschutz sind neben intensiver Öffentlichkeitsarbeit von großer Bedeutung. Zur kontinuierlichen Bewertung von Fortschritt und Erfolg der implementierten Maßnahmen ist ein langfristiges Biodiversitäts-Monitoring in ausgewählten Obstanlagen und auf naturnahen Vergleichsflächen sowie die wissenschaftliche Begleitung der Umsetzung dieser Maßnahmen unerlässlich.

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