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Lässt sich die Zahl der Dörfer in Deutschland bestimmen? : Von Definitionsbemühungen, Suchwegen und unterschiedlichen Befunden

Mit dem Verlust der Eigenständigkeit zahlreicher Dörfer im Verlauf des 20. Jahrhunderts, insbesondere seit den 1960er Jahren in der damaligen Bundesrepublik und nach der Wiedervereinigung auch in den ostdeutschen Bundesländern, hat die Zahl der kleinen ländlichen Gemeinden beträchtlich abgenommen. Viele Dörfer sind auf diese Weise administrativ ebenso wie statistisch weitgehend unsichtbar geworden, allerdings bei großen Unterschieden zwischen den einzelnen Bundesländern. Eingemeindungen erfolgten zum einen in nahegelegene größere Städte, als deren Ortsteile die Dörfer dann baulich meist überformt wurden. Zum anderen vergrößerten sich auch ländliche Gemeinden und Kleinstädte – hier behielten die eingemeindeten Orte oft ihren dörflichen Charakter, ohne freilich in den Statistiken noch als Dörfer zu erscheinen. Dem Dorf heute muss man sich deshalb mittels anderer Zugänge als der aktuellen Gemeindestatistik nähern. Der Aufsatz nimmt siedlungsgeographische und -historische sowie soziologische und alltagsweltliche Zugänge in den Blick und prüft die Nutzbarkeit historischer Gemeindeverzeichnisse und Ortsdatenbanken. Aufmerksamkeit wird auch dem Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ und seinem Verständnis vom Dorf gewidmet. Bei all diesen Zugängen wird deutlich, dass die Frage nach der Zahl der Dörfer nicht von jener nach der jeweils zugrundegelegten Definition des Dorfes zu trennen ist. Der Beitrag schlussfolgert, dass es nicht das Unvermögen oder der Unwillen der amtlichen Statistik und auch nicht die föderale Vielfalt ist, die die Frage nach der Zahl der Dörfer in Deutschland unbeantwortet lassen. Vielmehr fehlt ein allgemein gültiges Verständnis, was ein Dorf ist bzw. nicht ist. Dieses bleibt immer vom jeweiligen disziplinären Zugang sowie von der konkreten Fragestellung und Perspektive abhängig.

As numerous villages have lost their autonomy in the course of the 20th century, especially since the 1960s in the then Federal Republic and after reunification in the East German Länder as well, the number of small rural municipalities has decreased considerably. Many villages have thus become largely invisible, both administratively and statistically, albeit with great differences between the individual federal states. On the one hand, small rural municipalities were incorporated into nearby larger towns and cities, and the villages were then mostly transformed into urban districts. On the other hand, rural municipalities and small towns also expanded – in these cases, the incorporated municipalities often retained their village character without appearing as villages in the statistics. We should therefore approach today’s village by means other than current municipal statistics. The article looks at settlement geography and history, includes sociological aspects and perspectives on everyday life while examining the usability of historical directories and databases. Attention is also paid to the federal competition "Our Village has a Future" and its understanding of the village. All approaches show that the question of the number of villages cannot be considered separately from the definition of a village used in each case. The article concludes that the question of the number of villages in Germany remains unanswered not because of the inability or the unwillingness of official statistics but rather because there is no generally valid understanding of what a village is or what it is not. This always depends on each disciplinary approach as much as on the concrete question and perspective.

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