Von Reservoir- bis Modelltier: Nachweis und Charakterisierung von zoonotischen Kuhpockenviren (CPXV)

Das zoonotische Kuhpockenvirus (CPXV), ein Mitglied des Genus Orthopoxvirus innerhalb der Familie Poxviridae, kommt endemisch in West-Eurasien vor. Phylogenetische Studien zeigen, dass es sich um eine polyphyletische Spezies handelt, die in mehrere Kladen unterteilt werden kann. Während sich Isolate aus dem Reservoirwirt Feldmaus (Microtus arvalis) vor allem der Klade CPXV-like 2 zuordnen lassen, finden sich in der Klade CPXV-like 1 vornehmlich Isolate aus akzidentellen Wirten. RatPox09, isoliert aus dem akzidentellen Wirt Ratte (Rattus norvegicus forma domestica), kann der Klade VARV-like zugeordnet werden. Dieser für Ratten hoch-pathogene CPXV-Stamm ist für mehrere „Spill-over“-Infektionen von Heimtierratten auf den Menschen verantwortlich. Auf Grund serologischer Studien wird die Beteiligung der Rötelmaus (Myodes glaerolus) als CPXV-Reservoirwirt an der Virusökologie angenommen. Bisher war es jedoch nicht möglich, ein entsprechendesIsolat aus der Rötelmaus zu gewinnen. Im Rahmen dieser Arbeit konnte das erste CPXV-Isolat aus einer Rötelmaus isoliert und so ihre Rolle als Reservoirwirt für CPXV eingehender untersucht werden. Neben der in vitro Charakterisierung des neuen CPXV-Isolates „GerMygEK 938/17“ auf verschiedenen Zelllinien und der Chorioallantoismembran, wurden Infektionsstudien in Rötelmaus, Feldmaus und Wistar Ratte durchgeführt. Dabei konnte erstmalig Virus-Ausscheidung bei der Rötelmaus nachgewiesen werden, während bei der Feldmaus weder Virusausscheidung noch CPXV-spezifische Antikörper für diesen Rötelmaus-Stamm detektiert werden konnten. Mittels phylogenetischer Studien wurde CPXV GerMygEK 938/17 in die Klade CPXV-like 3 mit dem bisher einzigen Vertreter CPXV Ger2010MKY, isoliert aus einem Lisztaffen (Saguinus oedipus), eingeordnet und diese Klade innerhalb der polyphyletischen CPXV-Spezies bestätigt. Versuche mit CPXV Ger2010MKY in den beiden wahrscheinlichen Reservoirwirts-Spezies Feldund Rötelmaus erbrachten ähnliche Resultate wie das Rötelmaus-CPXV-Isolat. Zusätzlich mussten in diesem Versuch zwei Rötelmäuse aufgrund deutlicher Gewichtsreduktion euthanasiert werden. Im Gegensatz hierzu war eine deutliche klinische Ausprägung bei Infektionen mit dem CPXV-Isolat GerMygEK 938/17 nicht beobachtet worden. Ergänzend wurden weitere CPXV-Isolate aus den Kladen CPXV-like 1 und 2 in der Rötelmaus charakterisiert. Unabhängig vom eingesetzten CPXV-Stamm konnte ein subklinischer Verlauf mit Serkonversion gezeigt werden, aber keine klinischen Zeichen und keine Virus-Ausscheidung. Die phylogenetische Abgrenzung der Klade CPXV-like 3 ist daher auch in Bezug auf die Empfänglichkeit von Rötelmäusen und Feldmäusen klar abbildbar. In weitergehenden Analysen wurde untersucht, warum RatPox09-Infektionen in Ratten deutlich virulenter sind als Infektionen mit dem CPXV-Laborstamm Brighton Red (BR), der nur zu einem milden symptomatischen Verlauf führt. Vier Gene konnten dabei identifiziert werden, die im Wildtyp-Stamm BR fehlen. Darunter befindet sich auch das Gen gCPXV0030, welches zu 99% mit dem von einigen CPXV-Stämmen kodierten Protein 7-transmembrane G protein-coupled receptor-like Protein (7tGP) identisch ist. Mittels BR knock-in Mutanten konnte die Bedeutung dieser ausgewählten Gene in Tierversuchen mit Ratten als Modell-Tier charakterisiert werden. Dabei zeigten Ratten, die mit der BR_7tGP-Mutante inokuliert wurden, eine signifikant schwerwiegendere symptomatische Ausprägung und geringere Überlebensraten verglichen zu BR-Infektionen. Diese Arbeit belegt, dass es innerhalb der CPXV Klassifikation Reservoir-Spezies-spezifische phylogenetische Kladen gibt. Die Funktion von Rötelmäusen als Reservoirwirt konnten auf Grund der gemessenen Virusausscheidung bestätigt werden. Voraussetzung dafür ist eine Infektion mit einem CPXV.Stamm aus der Rötelmaus-spezifischen CPXV-like 3 Klade. Zudem konnte gezeigt werden, dass das Gen gCPXV0030 einen maßgebenden Einfluss auf die Virulenz von CPXV im Wistar-Ratten-Modell aufweist. Die Abwesenheit dieses Gens in CPXV-Isolaten der Klade CPXV-like 3 ist zudem ein deutlicher phylogenetischer Unterschied zu Isolaten der Klade CPXV-like 2.

Zoonotic cowpox virus (CPXV) belongs to the genus Orthopoxvirus within the Poxviridae family and is endemic in western Eurasia. Phylogenetic analysis revealed that CPXV is polyphyletic and isolates cluster into different clades. Common voles (Microtus arvalis) are thought to act as reservoir hosts and isolates of common vole origin clustered in CPXV-like 2 clade, while most isolates from accidental hosts assembled in the CPXV-like 1 clade. RatPox09, an isolate from a diseased pet rat (Rattus norvegicus forma domestica) and an example for an accidental host, belongs to the VARV-like clade. It is highly pathogenic in rats and caused several spillover infections to humans. Serological studies suggest that bank voles (Myodes glaerolus) are also CPXV reservoirs, but up to now, no bank vole-derived isolate was available. In this study, the first detection and isolation of a bank vole-derived isolate is reported. In vitro studies using this bank vole origin isolate on different cell lines and on the chorioallantoic membrane were performed. In addition, experimental inoculations of bank voles, common voles and Wistar rats as model animals for CPXV infection were implemented. We were for the first time able to detect virus shedding from excretions of bank voles, while neither shedding nor seroconversion was detectable in common voles for those isolates. The direct pathogen detection in combination to shedding of infectious virus confirmed the status of bank voles as relevant reservoir host species of CPXV. Phylogenetic analyses classified the bank vole-derived isolate to clade CPXV-like 3 and completed this clade. It clustered close to CPXV Ger2010MKY, isolated from a cotton-top tamarin (Saguinus oedipus). In vivo studies using CPXV Ger2010MKY inoculations of bank voles affirmed viral shedding results. Furthermore, two bank voles inoculated with CPXV Ger2010MKY had to be euthanized because of prominent weight loss. Additionally, infection studies with isolates of the CPXV-like 1 and 2 clade were performed in bank voles, but independent of the used isolate only seroconversion was detectable. Therefore, the phylogenetic differentiation of the CPXV-like 3 clade in relation to susceptibility of bank voles and common voles was clearly visible. RatPox09 shows significantly increased virulence in Wistar rats and causes a high mortality compared to the mild clinical symptoms induced by the laboratory strain Brighton Red (BR). Four genes, absent in the genome of BR and present in the genome of RatPox09, were identified. BR-based knock-in mutants for these relevant genes were generated and in vivo characterized in Wistar rats. One mutant with insertion of the gCPXV0030 encoding gene displayed significantly higher clinical scores and lower survival rates than the original BR strain. The gene gCPXV0030 has a sequence identity of 99% to the CPXV gene encoding 7- transmembrane G protein-coupled receptor-like protein (7tGP). In summary, my studies support the hypothesis of reservoir species–specific phylogenetic clades within the CPXV classification. Because of confirmed viral shedding from bank voles this species was confirmed as a possible reservoir host for CPXV. However, for productive infection, a CPXV isolate out of the CPXV-like 3 clade was necessary. Furthermore, gCPXV0030 wasidentified as a novel relevant factor modifying virulence in the well-established Wistar rat model. Interestingly, exactly this gene is missing in CPXV-like 3 isolates, while it is present in isolates from the CPXV-like 2 clade.

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