Dissertation CC BY 4.0
Veröffentlicht

Pflanzenbaulicher und ökonomischer Vergleich des Anbaurisikos verschiedener Ackerbausysteme unter aktuellen und zukünftigen Klimaszenarien

GND
1047333546
Zugehörigkeit
Julius Kühn-Institut (JKI), Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde, Deutschland
Heckmann, Martin

Der Klimawandel zählt zu einem der meist diskutierten Themen dieser Zeit. Trotz vieler unterschiedlicher und teils gegensätzlicher Aussagen zur Ausprägung der bevorstehenden Klimaveränderungen stimmen die Experten darin überein, dass sich die Bedingungen in den nächsten Jahrzehnten verändern werden. Gerade die Landwirtschaft, deren Betriebszweig Pflanzenbau direkt und unmittelbar von Umweltbedingungen und Wetter- bzw. Witterungsereignissen beeinflusst ist, wird von einem solchen Wandel besonders betroffen sein. Bedingt durch die mittel- und langfristig vorherrschenden Anbaubedingungen können die Felderträge in diesem Zusammenhang ansteigen oder abnehmen. Bislang gibt es aufgrund der enormen Vielfalt an globalen und regionalspezifischen Einflussfaktoren auf den Klimawandel, die bis heute noch nicht vollständig erforscht sind, kaum belastbaren Prognosen zu den konkreten Ausprägungen der genannten Veränderungen. Durch eine modellhafte Betrachtung vorhandener Klimaszenarien können jedoch unter vorher getroffenen Annahmen einzelne Parameter auf die landwirtschaftliche Produktion und das dazugehörige Anbaurisiko analysiert sowie notwendige Anpassungsmaßnahmen abgeleitet werden. Die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit bestand daher in der Beschreibung der pflanzenbaulichen und ökonomischen Folgen des Klimawandels auf das Anbaurisiko landwirtschaftlicher Nutzpflanzen an den deutschen Standorten Braunschweig und Soest. Dazu wurden drei virtuell konstruierte Modellbetriebe mit abweichenden Fruchtfolgen und Strategien in der Bodenbearbeitung unter Berücksichtigung verschiedener Klimaszenarien miteinander verglichen. Bei den genannten Ackerbausystemen handelte es sich um einen weitgehend konventionell wirtschaftenden Marktfruchtbetrieb mit der Fruchtfolge Winterraps-Winterweizen-Winterweizen, einen überwiegend konservierend arbeitenden Futterbaubetrieb mit der Fruchtfolge Winterweizen-Wintergerste-Silomais und einen vergleichbaren Futterbaubetrieb, der die Fruchtfolge Winterraps- Winterweizen-Silomais-Ackerbohne-Wintergerste-Silomais-Winterweizen durchgehend im Direktsaatverfahren anbaut. Mittels der Ertragsmodellierung im australischen Modell APSIM wurden zunächst die jährlichen Ernteerträge der Kulturen aus den Modellbetrieben für die Klimaperioden 1981 bis 2010 und 2021 bis 2050 analysiert. Grundlage dieser Berechnungen waren entsprechende Szenarien aus regionalen Klimamodellen für die beschriebenen Standorte Braunschweig und Soest unter Annahme eines mittleren Emissionsszenarios A1B des IPCC. Durch eine Betrachtung der Ertragserwartungen aus den Modellrechnungen in Verbindung mit einer Analyse des klimatisch bedingten Wachstumsstresses in den sensiblen Wachstumsphasen der Nutzpflanzen konnten Rückschlüsse auf das vorhandene Anbaurisiko in den Anbausystemen gezogen werden. Mit diesen Ergebnissen erfolgte im Anschluss eine ökonomische Bewertung der einzelnen Modellbetriebe im Betriebssimulationsmodell Farmboss. Anand eines Hoch- und eines Tiefpreisszenarios wurden darin die durchschnittlichen Deckungsbeiträge sowie die kalkulatorischen Betriebszweigergebnisse der einzelnen Kulturen bzw. der gesamten Betriebszweige in den jeweiligen Ackerbausystemen berechnet. Die Auswertung der Ergebnisse zeigte eine tendenzielle Zunahme von extremen Hitze- und Trockenperioden mit Temperaturen oberhalb der Wachstumstoleranzen einzelner Kulturen und Niederschlägen unterhalb der potentiellen Verdunstungsraten in den Monaten Juli und August. In diesem Zeitraum befinden sich die sensiblen Wachstumsphasen spät abreifender Kulturen wie Ackerbohne und Silomais, deren Risiko für Ertragsausfälle unter den getroffenen Modellannahmen ansteigt. Durch das erhöhte Anbaurisiko ergaben die Berechnungen bei diesen Kulturen somit sinkende Ertragserwartungen in der Zukunft. Die sensiblen Phasen der früher abreifenden Winterungen liegen demgegenüber in den Monaten Mai und Juni, in denen bei Analyse der Klimaszenarien keine negativen Klimaveränderungen zu erkennen waren. Deren Erträge blieben daher im Vergleich der Klimaperioden an beiden Versuchsstandoren konstant oder konnten sogar leicht zulegen. Diese Resultate hatten einen unmittelbaren Einfluss auf die ökonomische Bewertung der Anbausysteme. Die Wirtschaftlichkeit der vorhandenen Winterungen lag in allen Modellbetrieben in Braunschweig und Soest über derjenigen der Sommerungen. Die relativ hohen Markterlöse der vorzüglichen Kulturen konnten auch durch die Annahme staatlicher Sonderprämien für spezielle Umweltleistungen oder durch teils vorhandene Kosteneinsparungen in der Direktsaatvariante nicht ausgeglichen werden. Aufgrund der zukünftig sinkenden Ertragserwartungen beim Mais und bei der Ackerbohne stiegen die Differenzen der Anbausysteme zwischen den Klimaperioden 1981 bis 2010 und 2021 bis 2050 weiter an. Relativierend zu diesen Ergebnissen muss berücksichtigt werden, dass unabhängig von der Bewirtschaftungsform in allen Betrieben von gleichen Ertragserwartungen bei den entsprechenden Kulturen ausgegangen und nur die Einflüsse klimatischer Veränderungen durch die Faktoren Niederschlag und Temperatur analysiert wurden. In der Realität können diese durch die Fruchtfolgegestaltung und unterschiedliche Intensitäten in der Bodenbearbeitung jedoch voneinander abweichen. Darüber hinaus ist die CO2-Konzentration in der Luft kein Bestandteil der angewandten Ertragsmodellierung. In bestimmten Fällen können hohe Kohlendioxidgehalte die Wassernutzungseffizienz einer Kultur erhöhen und deren Ertragspotential gerade unter trockenen Bedingungen stabilisieren. Dies würde gerade bei den spät abreifenden Sommerungen, die von einer steigenden Trockenheit im Juli und im August betroffen sind zu geringeren Ertragsrückgängen führen, als sie in den Ergebnissen der Modellierung abgebildet sind. Der gleiche Punkt könnte auch zu Mehrerträgen bei den Winterungen führen. Als Fazit der vorliegenden Arbeit bleibt daher festzuhalten, dass sowohl unter aktuellen, als auch unter zukünftigen Klimabedingungen das konventionelle Marktfruchtsystem mit dem höchsten Fruchtfolgeanteil an ertragsstarken Winterungen aus ökonomischer Sicht am vorteilhaftesten war. Der Anbau von spät abreifenden Sommerungen oder von Nischenkulturen, die züchterisch bislang wenig bearbeitet wurden, führte in Summe dagegen zu einer Zunahme des Anbaurisikos und damit verbunden zu einer verminderten Gesamtwirtschaftlichkeit eines Systems. Unter Berücksichtigung weiterer pflanzenbaulicher Überlegungen fallen die dargestellten Differenzen zwischen den Systemen in der Realität vermutlich geringer aus, als dies auf den ersten Blick der Fall ist. Gerade die betrachten Futterbausysteme lagen in ihren Betriebszweigergebnissen nahe beieinander. Dennoch muss bei allen in dieser Arbeit getroffenen Aussagen berücksichtigt werden, dass diese auf der Grundlage von Modellrechnungen beruhen, die immer nur einen Teil der Realität abbilden und eine bestimmte Entwicklung daher nie mit vollkommener Sicherheit vorhersagen können. Darüber hinaus hängt das Ergebnis einer ökonomischen Berechnung sehr stark von den ausgewählten Mengen- und Preisgerüsten ab, die aus empirischen Erkenntnissen resultieren. Inwieweit diese Annahmen auch in Zukunft Bestand haben, kann jedoch nicht vorhergesagt werden.

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