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Erste Nachweise von Neonectria neomacrospora (C. Booth & Samuels) Mantiri & Samuels als Krankheitserreger an Abies concolor (Gordon) Lindl. ex Hildebr. im Nordostdeutschen Tiefland

Zugehörigkeit
ehem. Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE)
Heydeck, Paul;
Zugehörigkeit
ehem. Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE)
Merkel, Robert;
Zugehörigkeit
Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum (TLLLR)
Lange, Uwe;
Zugehörigkeit
Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE)
Hielscher, Kati;
Zugehörigkeit
Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (LFE)
Dahms, Christine;
Zugehörigkeit
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU)
Moritz, Gerald;
Zugehörigkeit
Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung (LELF)
Pfannenstill, Toralf

Ende August 2013 wurden im Bundesland Brandenburg außergewöhnliche, bis dahin unbekannte Krankheitserscheinungen an Kolorado-Tanne (Abies concolor) festgestellt. Betroffen waren zwei Waldflächen im Raum Potsdam. Das Alter der ca. 0,5 und 1 ha umfassenden Pflanzungen betrug zu diesem Zeitpunkt 27 bzw. 28 Jahre. Im Herbst 2016 trat das gleiche Schadbild 115 km südöstlich des Erstfundes – in der Niederlausitz – an Kolorado-Tannen derselben Altersstufe erneut auf. Bei der dortigen Befallsfläche handelte es sich um einen 0,15 ha großen Reinbestand. Das Krankheitsgeschehen war in allen Fällen durch intensives Abwerfen noch grüner Nadeln, massiven Harzfluss an Ästen und Stämmen, rasches Zurücksterben der Kronen und letztendlich vollständiges Absterben der Bäume gekennzeichnet (HEYDECK et al., 2015). Da im Nordostdeutschen Tiefland bis zum Jahr 2013 keine vergleichbaren Schadereignisse registriert wurden und auch aus anderen Bundesländern keine Mitteilungen über ähnliche Symptome an Abies concolor vorlagen, war die Ursache der Absterbeprozesse zunächst unklar. Zwecks eingehender Analyse der festgestellten Krankheitserscheinungen wurden von geschädigten Bäumen mehrfach Nadel-, Zweig-, Ast-, Rindenund Holzproben entnommen. Bei mikromorphologischen Untersuchungen ließen sich an erkrankten Ästen sowie auf der Rinde absterbender Kolorado-Tannen mit hoher Stetigkeit Konidienlager (Sporodochien) eines Kleinpilzes aus der Formgattung Cylindrocarpon nachweisen. Später konnte an frisch abgestorbenen Bäumen in unmittelbarer Nähe des anamorphen Stadiums auch die dazugehörige Teleomorphe (Perithecien einer Neonectria- Art) diagnostiziert werden. Der gleiche Pilz wurde mit Labormethoden mehrfach aus dem Bastgewebe noch lebender Kolorado-Tannen isoliert (MERKEL, 2018). Die Mikromerkmale stimmten mit der Spezies Neonectria neomacrospora (Ascomycota, Nectriaceae) überein. Molekulargenetische Analysen bestätigten, dass es sich bei dem Erreger eindeutig um die Art Neonectria neomacrospora (C. Booth & Samuels) Mantiri & Samuels handelt. Eine nennenswerte Beteiligung von Insekten bei der Entstehung der Schäden konnte ausgeschlossen werden. Berichte aus Skandinavien lassen erkennen, dass der genannte Krankheitserreger in Norwegen bereits seit 2008 schwerwiegende Schäden an mehreren Abies-Arten verursacht hat, vor allem in Weihnachtsbaumkulturen (TALGØ et al., 2012). Auch in Dänemark und Schweden kam es durch den Pilz zu Pflanzenausfällen. Offenbar entwickelt Neonectria neomacrospora unter bestimmten Voraussetzungen eine hohe Aggressivität gegenüber verschiedenen Tannen-Arten, darunter Abies concolor. Inzwischen wurde der Krankheitserreger in weiteren europäischen Ländern nachgewiesen und 2017 in die Frühwarnliste der EPPO aufgenommen (EPPO, 2020a). Die betroffenen Bestände im brandenburgischen Landeswald sind mittlerweile vollständig geräumt, wobei das infizierte Pflanzenmaterial sachgerecht entsorgt wurde. Zurzeit lässt sich noch nicht abschätzen, ob Neonectria neomacrospora im Nordosten Deutschlands künftig an Bedeutung gewinnen wird und dann möglicherweise auch andere Nadelbaumarten infiziert.

Previously unknown disease symptoms were detected for the first time on white fir (Abies concolor) in the federal state of Brandenburg in the end of August 2013. Symptoms were observed at two locations near Potsdam on 27 and 28 years old trees in an area of about 0.5 ha and 1 ha respectively. In autumn 2016 identical symptoms were identified on white firs of similar age in Niederlausitz, 115 km southeast of the first recorded instance. This third observation was made in a planted 0.15 ha pure stand. In each case an intense loss of green needles, a strong resin flow on trunk and branches, rapid dieback of the crown and finally the death of the whole tree was observed (HEYDECK et al., 2015). No instances of similar damage in Abies concolor in the northeast German lowlands or in other federal states of Germany were reported before August 2013. The cause of the disease remained initially unidentified. Samples of needles, twigs, branches, bark and wood from damaged trees were repeatedly collected and analysed. Microscopic morphological investigation provided consistent evidence of conidiomata (sporodochia) on damaged branches and bark of dying white firs of a Cylindrocarpon-like micromycete. The associated teleomorph (perithecia of a species of the genus Neonectria) was subsequently identified close to the anamorphic stage in trees that had recently died. The same fungus has also been isolated repeatedly in the laboratory from phloem tissue of living white firs (MERKEL, 2018). Microscopic characteristics belonging to the species Neonectria neomacrospora (Ascomycota, Nectriaceae) were observed. Molecular genetic methods subsequently confirmed the pathogen was Neonectria neomacrospora (C. Booth & Samuels) Mantiri & Samuels. Insects had not contributed appreciably to the development of damage symptoms. Since 2008 Neonectria neomacrospora has caused serious damage on several species of fir (Abies), especially on Christmas tree farms in Norway, Denmark and Sweden (TALGØ et al., 2012). Infected trees even died as a result of the fungal infection. It appears that Neonectria neomacrospora can develop an intense pathogenicity against various fir species, including Abies concolor, under certain conditions. The pathogen has also recently been detected in additional European countries and has been registered in the EPPO Alert List (EPPO, 2020a) in 2017. The affected tree stands owned by the federal state of Brandenburg have now been completely felled and infected plant material was disposed of appropriately. The future relevance of Neonectria neomacrospora in northeastern Germany and the potential infection of other coniferous tree species remain to be investigated.

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