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Folgenabschätzung eines Verbots der ganzjährigen Anbindehaltung von Milchkühen

Die Anbindehaltung von Rindern wird von der Gesellschaft kritisch gesehen und stellt gemäß dem Stand der wissenschaftlichen Beurteilung kein tiergerechtes Haltungsverfahren dar. Als besonders problematisch gilt die ganzjährige Anbindehaltung, bei der die Tiere das gesamte Jahr über im Anbindestand stehen und keinen Zugang zur Weide oder einem Auslauf haben. Das Thünen- Institut für Betriebswirtschaft wurde vom BMEL beauftragt, die Folgen eines Verbots der ganzjährigen Anbindehaltung von Milchkühen (bei gesetzter 10-jähriger Übergangsfrist) abzuschätzen. Aufgrund des Strukturwandels würde sich die Zahl der ganzjährigen Anbindehaltungen von den für das Jahr 2010 ermittelten Werten (31.500 Betriebe, 650.000 Kühe) bis zum Jahr 2027 auf 13.500 Betriebe mit rund 270.000 Milchkühen reduzieren. Diese Betriebe wären von einem Verbot betroffen. In der Struktur sind sie vergleichsweise klein, auf die Milchviehhaltung spezialisiert und verfügen oftmals über andere Einkommen neben der Landwirtschaft. Besonders hohe Anteile ganzjähriger Anbindehaltungen sind in Bayern und Baden-Württemberg zu finden. Betriebe mit ganzjähriger Anbindehaltung haben verschiedene Möglichkeiten, ihr Haltungsverfahren tiergerechter zu gestalten: Angebot von Weidegang, Bau eines Laufhofes, Umbau des Anbindestalls zum Laufstall und Neubau eines Laufstalls. Die Umsetzbarkeit dieser Maßnahmen hängt in einem hohen Maße von den standortspezifischen Bedingungen und betrieblichen Bedingungen ab. Dementsprechend variieren die Kosten je Kuhplatz für diese Maßnahmen. Bei einer Berechnung der Kostenänderungen in Cent/kg Milch wurden Kostenerhöhungen eines Ausstiegs aus der ganzjährigen Anbindehaltung von 0,26 bis 13,42 ct/kg Milch für die betroffenen Betriebe ermittelt. Bei einem durchschnittlichen Auszahlungspreis der Molkereien von 27,2 ct/kg Milch im Jahr 2016 und 36,6 ct/kg im Jahr 2017 kann ein Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung für die betroffenen Betriebe somit erhebliche Auswirkungen auf die Rentabilität haben. Um die negativen Auswirkungen eines Verbots der ganzjährigen Anbindehaltung auf die Wirtschaftlichkeit der Betriebe zu reduzieren, können verschiedene Fördermaßnahmen eingesetzt werden. Insbesondere das Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP), tierbezogene Weideprämien sowie Beratungsmaßnahmen kommen hierfür in Frage. Die öffentlichen Mittel für eine flankierende Förderung innerhalb des Übergangszeitraums von 10 Jahren wurden auf insgesamt 222 bzw. 287 Mio. Euro geschätzt Diese Ausgaben ließen sich grundsätzlich mit den im Rahmen der zweiten Säule der EU-Agrarpolitik zur Verfügung stehenden Mittel finanzieren. Es ist zu erwarten, dass ein Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung auch mit einer flankierenden Förderung zu einer Beschleunigung des Strukturwandels führt. Ein sozialverträgliches Verbot der ganzjährigen Anbindehaltung setzt voraus, dass eine ausreichende Übergangszeit zur Anpassung der Betriebe gewährt wird, das Verbot mit attraktiven Fördermaßnahmen flankiert wird und ggf. Härtefallregeln für auslaufende Betriebe angewendet werden.

Tethering of cattle is viewed critically by society and, according to scientific assessment, does not constitute a welfare-friendly husbandry method. Permanent tethering, with the animals standing tied up in their stalls the entire year without access to pasture or an outdoor yard, is particularly problematic. The Thünen Institute of Farm Economics was commissioned by the Federal Ministry of Food and Agriculture (BMEL) to assess the consequences of a ban on the year-round tethering of dairy cows (with a 10-year transitional period) for Germany. Due to structural changes, permanent tethering of dairy cows would be reduced from 2010 estimates (31,500 farms; 650,000 cows) to 13,500 farms with around 270,000 dairy cows by the year 2027. These are the farms which would be affected by a potential ban. They are comparatively small, specialised in dairy farming and often have other income sources besides agriculture. Particularly high shares of farms with permanent tethering can be found in Bavaria and Baden- Württemberg. Farms with year-round tethering have various options to improve animal welfare: provision of pasture access, construction of an outdoor yard, conversion of the tie-stall to loose housing and construction of a new loose housing. The feasibility of these measures depends to a large extent on site-specific conditions and the situation on the farm. Accordingly, the costs per cow for these measures vary. In a calculation of cost changes in cents per kg milk, cost increases of 0.26 to 13.42 ct/kg milk to cease permanent tethering were determined for the farms concerned. With an average price paid out by dairies of 27.2 ct/kg milk in 2016 and 36.6 ct/kg in 2017, a ban on year-round tethering can therefore have a significant impact on profitability for the holdings concerned. A number of support measures can be used in order to reduce the negative effects of such ban on the economic profitability of farms. In particular, farm investment support (“modernisation of agricultural holdings”), animal-welfare grazing premiums and advisory measures are suitable. The public funding necessary for support during the transitional period of 10 years was estimated at 222 to 287 million Euros, respectively. These expenditures could in principle be financed by means of the second pillar (the Rural Development Programmes) of the EU's Common Agricultural Policy. It is to be expected that even with accompanying support, a ban on permanent tethering will accelerate structural change. A socially acceptable prohibition of permanent tethering requires an adequate transitional period, attractive support measures for the restructuring of the affected dairy farms and, if applicable, that hardship rules be applied to farms that are being phased out.

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