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Veröffentlicht

Praktische Zierpflanzenzüchtung in einem sich verändernden Wettbewerbsumfeld

Zugehörigkeit
Klemm + Sohn GmbH & Co. KG, Stuttgart, Deutschland
Dohm, Andrea

Die Zierpflanzenzüchter agieren in einem globalen Markt und sind gefordert, Sorten zu entwickeln, die weltweit produziert und gehandelt werden können. Die Zierpflanzenbranche insgesamt befindet sich aktuell in einer Phase der Konsolidierung. Sowohl in der Züchtung als auch in Produktion und Handel ist eine stetige Konzentration auf weniger und größere Unternehmen zu beobachten. Im Hinblick auf den Konsumenten ist in den entwickelten Märkten wie Deutschland derzeit eine Stagnation und für viele Produkte sogar ein Rückgang des Konsums zu verzeichnen. In anderen Regionen Europas, Asiens und Südamerikas entstehen wiederum neue Märkte für Zierpflanzen. Die Zierpflanzenzüchtung muss in ihrer Zielsetzung die Anforderungen und die Interessen aller Akteure in der Wertschöpfungskette vom Produzenten über den Handel bis zum Konsumenten berücksichtigen. Zielsetzung ist vorrangig die Effizienz in der Produktion sowie die Qualitätssicherung auf dem Weg vom Produzenten zum Konsumenten. Daneben wird Nachhaltigkeit in Form von ressourcenschonender Produktion und dem verminderten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ein zunehmend wichtigeres Züchtungsziel. Vor allem im Hinblick auf den Konsumenten haben Neuheiten für die Zierpflanzenzüchtung immer eine besondere Bedeutung gehabt und können in Bezug auf die aktuell intensiv diskutierte Inwertsetzung von Zierpflanzen einen wesentlichen Beitrag leisten. Neben der Züchtung von Sorten mit neuen Merkmalen in etablierten Zierpflanzenarten hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine enorme Ausweitung der züchterisch bearbeiteten Arten und Gattungen stattgefunden. Bis heute entstehen neue Zierpflanzensorten nahezu ausschließlich durch konventionelle Kreuzungszüchtung. Daneben stellt die Mutationszüchtung eine bedeutende Züchtungsmethode dar. Die gentechnische Veränderung ist bei vielen Zierpflanzenarten erfolgreich etabliert und experimentell beschrieben, aber kommerzielle Sorten wurden bisher nur für Nelken und Rosen mit veränderten Blütenfarben entwickelt. Die Selektion mit Hilfe von molekularen Markern, die in der Züchtung von landwirtschaftlichen Kulturarten eine große Bedeutung hat, findet in der Zierpflanzenzüchtung bisher nur eingeschränkt Anwendung. Eine wesentliche Ursache hierfür ist, dass die grundlegenden Informationen zur Vererbung wirtschaftlich relevanter Merkmale fehlen. Seit einigen Jahren stehen sogenannte neue Züchtungsmethoden zur Verfügung. Vor allem von den Verfahren zur präzisen Genomeditierung werden große Impulse für die Pflanzenzüchtung erwartet. Aber auch die Anwendung dieser Methode erfährt in der Zierpflanzenzüchtung eine Einschränkung dahingehend, dass Informationen über die zugrundeliegenden Gene für die zu verändernden Merkmale benötigt werden. Zudem besteht in der EU aktuell noch Rechtsunsicherheit, ob die neuen Züchtungsmethoden als gentechnische Verfahren und die hieraus hervorgehenden Produkte als GVOs bewertet werden. In jedem Fall erfordert die Etablierung der neuen Züchtungsmethoden für Zierpflanzen noch intensive Forschungsarbeit. Trotz der aktuell stattfindenden Konsolidierung der Zierpflanzenbranche handelt es sich bei der Mehrzahl der Zierpflanzenzüchter nach wie vor um kleine und mittelständische Unternehmen, die nur begrenzte Möglichkeiten für eigene Forschung haben und somit auf Kooperationen mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen angewiesen sind. Andererseits finden Zierpflanzen in der Grundlagenforschung nur wenig Beachtung. Darüber hinaus erfordert die zunehmend professioneller werdende Züchtung sehr gut ausgebildetes Personal. Durch den Rückbau der Gartenbauwissenschaften an den deutschen Hochschulen ist jedoch zu befürchten, dass in naher Zukunft weder gut ausgebildete Züchter noch Möglichkeiten für Forschungskooperationen in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Züchtung ist der Zugang zu Züchtungsmaterial. In der Zierpflanzenzüchtung finden neben eigenen Züchtungslinien und kommerziellen Sorten vermehrt auch Wildarten für die kontinuierliche Erweiterung des Genpools als Kreuzungseltern Verwendung. Einerseits können durch Kombination von etablierten Zuchtlinien mit Wildarten neue innovative Sorten entstehen, andererseits stellen Wildarten eine mögliche Ressource z. B. für Resistenzen dar. Mit Hilfe des von der EU gezeichneten Nagoya Protokolls soll der Zugang und Vorteilsausgleich für die Nutzung von genetischen Ressourcen neu geregelt werden. Für die Umsetzung des Nagoya Protokolls fehlt jedoch in der EU noch ein klares Regelwerk und in vielen Geberländern für genetische Ressourcen stehen weder Ansprechpartner noch die notwendige Infrastruktur zur Verfügung. Deshalb ist zu erwarten, dass in Zukunft die Nutzung genetischer Ressourcen eher zurückgehen wird, wodurch einerseits die genetische Variabilität in der Züchtung beeinträchtigt wird und andererseits die beabsichtigte positive Wirkung auf den Erhalt genetischer Ressourcen ausbleiben wird. Darüber hinaus haben bisher viele Staaten das Nagoya Protokoll nicht ratifiziert, z.B. die USA oder Japan, was im internationalen Vergleich zu einer Wettbewerbsverzerrung zwischen den Zierpflanzenunternehmen führen wird. Dem teilweise sehr großen Aufwand für die Entwicklung von neuen Sorten und vor allem von Innovationen muss ein starker Sortenschutz Rechnung tragen. Für die vegetative Zierpflanzenzüchtung haben sich das Sortenschutzsystem nach UPOV sowie die Pflanzenpatente in den USA weitgehend bewährt und zum schnellen Züchtungsfortschritt und dem hohen Qualitätsniveau moderner Sortimente beigetragen. Das sogenannte Züchterprivileg ermöglicht durch die Nutzung von geschützten Sorten für die Weiterzüchtung jedoch auch die schnelle Kopie von innovativen Neuzüchtungen. Weiterhin wird die Abgrenzung von sogenannten abgeleiteten Sorten, insbesondere von Mutationen, von der Ursprungssorte ebenso wie der Wunsch nach größeren phänotypischen Unterschieden zwischen den Sorten seit Jahren intensiv diskutiert. Ein besserer Schutz von Neuheiten, der ihre Alleinstellung für einen längeren Zeitraum gewährleistet, kann z.B. durch Markenschutz oder durch Patente gewährleistet werden.

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