Neue Wirkstoffe für die Therapie von Morbus Alzheimer, Morbus Parkinson und Chorea Huntington

Die Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen gehört zu den großen medizinischen Herausforderungen unserer heutigen Gesellschaft. Trotz intensiver Forschungsaktivitäten auf diesem Gebiet fehlen bisher jedoch nach wie vor wirksame Behandlungsansätze zur Vorbeugung und Therapie dieser Erkrankungen. In Arbeiten zur Therapie von Prion-Erkrankungen, die am Institut für Neue und Neuartige Tierseuchenerreger durchgeführt worden waren, wurden Substanzen identifiziert, die die Umfaltung bzw. Aggregation des Prion-Proteins in vitro hemmen und im Tiermodell die Inkubationszeit teilweise signifikant verlängern. Dazu zählten Diphenylpyrazol‑Derivate (DPP), Benzylpiperazin (BZP) und Helmkraut (Scuttelaria lateriflora) mit seinen Inhaltsstoffen Baicalin und Baicalein. Ziel dieser Arbeit war es nun, diese Substanzen auch auf ihre therapeutische Eignung bei Morbus Alzheimer (AD), Morbus Parkinson (MP) und Chorea Huntington (CH) hin zu testen. Für die Untersuchungen zu Morbus Alzheimer wurde ein transgenes Mausmodell gewählt, das mutierte Varianten des Amyloid-Vorläufer-Proteins und Präsenilin1 exprimiert. Ausgehend von 2 Zuchtpaaren wurde eine Zucht mit diesen Tieren aufgebaut. Parallel erfolgte die Etablierung des immunhistochemischen Nachweises von β-Amyloid im Gehirn der Tiere. Anhand der semi‑quantitativen Auswertung der Immunhistochemie konnte zunächst eine spezifische Zunahme des β‑Amyloid-Proteins im Gehirn der Mäuse gezeigt werden, die als Indikator für die Erkrankung gilt. Im Therapieansatz wurden diesen Mäusen dann DPP, BZP, Baicalein und Baicalin, Helmkrauttee sowie unterschiedliche Wirkstoffkombinationen oral verabreicht. Die Reduktion des β‑Amyloid im Vergleich zur unbehandelten Kontrollgruppe wurde anschließend als Maß für die therapeutische Wirksamkeit der Substanz herangezogen. Die Auswertungen zeigten, dass die Behandlung mit Baicalin und Benzylpiperazin zu einer teilweise signifikanten Reduktion der β‑Amyloid Ablagerungen führten und sie damit als potentielle Wirkstoffe für die Behandlung der Alzheimer Krankheit dienen können. Auch für Morbus Parkinson wurde zunächst eine Zucht mit transgenen Mäusen aufgebaut, die eine humane Variante des α-Synuklein (A53T SNCA) exprimieren und die immunhistochemische Detektion des aggregierten α‑Synuklein etabliert. Dabei zeigte sich eine enge Korrelation zwischen der Bildung der α‑Synuklein-Aggregate und dem Auftreten zentralnervöser Störungen. Auch hier wurden die unterschiedlichen Wirkstoffe oral appliziert. Keine der verwendeten Substanzen zeigte jedoch signifikante Effekte, weder auf die Bildung der α‑Synuklein Aggregate noch auf die Überlebenszeit der Tiere. Parallel zu den Tierexperimenten wurde ein zellbasiertes In-vitro-Modell für Morbus Parkinson etabliert und murine Neuroblastomzellen (N2a) mit dem α‑Synuklein Expressionsplasmid A53T transfiziert. Hier konnte gezeigt werden, dass die Zugabe des Flavonoides Baicalein zu einer spezifischen Hemmung der α‑Synuklein Bildung führte. Schließlich wurde eine transgene Mauslinie als Modellsystem für Chorea Huntington verwendet, die eine mutierte Form des humanen Gens für Huntingtin mit 150 zusätzlichen CAG repeats exprimiert. Aufgrund der mit der Transgenität verbundenen Infertilität der Tiere war es nicht möglich, für diese Mauslinie eine Zucht aufzubauen. Auch hier wurde der immunhistochemische Nachweis des aggregierten Huntingtin etabliert. Aufgrund der geringen Tierzahl wurde für Chorea Huntington nur ein Therapieversuch mit Helmkrauttee vorgenommen. Nach oraler Applikation des Tees wurde eine Reduktion der Aggregate im Vergleich zur Kontrolle nachgewiesen, die jedoch versuchsansatzbedingt nicht statistisch signifikant war. Zusammenfassend zeigen die Untersuchungen, dass die zwei Substanzen Benzylpiperazin und Baicalin aussichtreiche Wirkstoffkandidaten für die orale Behandlung von Morbus Alzheimer im Tiermodell darstellen. Bislang sind jedoch die molekularen Wirkmechanismen nicht geklärt. Zudem müssen zukünftige Studien klären, ob diese therapeutischen Effekte auch bei der Behandlung von Menschen zu erzielen sind.

The treatment of neurodegenerative diseases represents one of the greatest challenges of our time. In spite of intensive research no significant progress in prevention and therapy of these age-related diseases has yet been achieved. In past studies on prion diseases, carried out at the Institute of Novel and Emerging Infectious Diseases, different compounds were identified that inhibited the folding and aggregation of the prion protein in vitro and caused significant prolongation of the incubation period in animal studies. These anti‑prion compounds were diphenylpyrazole (DPP), benzylpiperazine (BZP), Scutellaria lateriflora tea as well as baicalin and baicalein, two of its active ingredients. The aim of the here presented studies was to examine, whether these compounds also show prophylactic and/or therapeutic effects in transgenic mouse models for Alzheimer’s, Parkinson’s and Huntington’s disease. For the experiments on Alzheimer’s disease a transgenic mouse model which expresses mutated variants of the human Amyloid Precursor Protein (APP) and Presenilin1 (PSEN1) was chosen. On the basis of two breeding pairs a transgenic mouse line was established. The immunohistochemical detection of β‑amyloid deposits in the brain of the transgenic animals was used as read out for the inhibitory efficacy of the compounds. Based on semi‑quantitative analysis a specific rise of β‑amyloid in the brain of the transgenic mice was observed as indicator for the disease. For the therapeutic studies Scutellaria lateriflora, Baicalin and Baicalein as well as Diphenylpyrazole and Benzylpiperazine were administered orally to the transgenic mice. The immunohistochemical examination showed that treatment with Baicalin and Benzylpiperazine to some extent led to a significant reduction of β‑amyloid aggregation and deposition and therefore can be considered as a promising candidate for the development of a drug for the prevention and treatment of Alzheimer’s disease. Furthermore studies on Parkinson’s disease were started by the establishment of a breeding line with transgenic mice expressing mutated variants of human α‑synuclein (A53T). Immunohistochemical analysis of cerebral α‑synuclein aggregates showed a close correlation between the production of α‑synuclein aggregates and neurological symptoms. Similar as in the experiments on Alzheimer’s disease, the transgenic Parkinson mice were treated orally with the compounds. However, no significant inhibitory effect was detectable, neither for the production of α‑synuclein nor for the survival period of the mice. In parallel to the animal experiments on Parkinson’s disease a cell based assay was established. Murine neuroblastoma cells (N2a) were transfected with the A53T mutated α‑synuclein construct and incubated with the compounds tested already in vivo. As a result the addition of Baicalein led to a non‑significant inhibition of the α‑synuclein production. Finally, another transgenic mouse model was used to carry out studies on Huntington’s disease. These mice express a mutated variant of human huntingtin, which is characterized by a polyglutamine insertion encoded by 150 CAG‑repeats. Due to the infertility of these transgenic animals only a small number of animals was available and treated with Scuttelaria lateriflora. The subsequent immunohistochemical analysis showed a reduction of the huntingtin aggregates in the brain of the treated animals in comparison to untreated controls. However, due to the very low animal numbers the statistical significance these result could not be verified. In summary, two of the tested compounds, Baicalin and Benzylpiperazine, are promising active drug candidates for oral treatment of Alzheimer’s disease as shown in the here employed transgenic mouse model. However, molecular mechanisms are not yet completely understood and need further investigations. Future studies may show whether these beneficial effects can be utilized for treatment of humans.

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