Validierung der volumetrischen Kapnographie zur Erfassung klinisch inapparenter Lungenfunktionsstörungen beim Kalb

Aufgabenstellung: Die volumetrische Kapnographie stellt eine einfach anwendbare und nicht invasive Möglichkeit zur Beurteilung der Lungenfunktion bei Mensch und Pferd dar. Ziel dieser Arbeit war es, die Anwendbarkeit der Methode an wachen, spontan atmenden Kälbern zu überprüfen. Dazu wurden die volumetrischen Kapnogramme lungengesunder, klinisch inapparent lungenkranker sowie experimentell mit Mycoplasma bovis infizierter Tiere analysiert. Methodik: Für die Erfassung eines breiten kapnovolumetrischen Parameterspektrums wurde das Messsystem „MasterScreen Capno“ der Firma VIASYSTM Healthcare (Höchberg) genutzt. Im 1. Versuchsabschnitt wurden zwölf anamnestisch nicht mit Lungenerkrankungen belastete Kälber (negative respiratorische Anamnese) und 13 laut Vorbericht pulmonal beeinträchtigte Kälber (positive respiratorische Anamnese) einmal monatlich vom zweiten bis zum siebenten Lebensmonat untersucht. Es wurden die Einflüsse von Wachstum und Ventilation auf die kapnovolumetrischen Parameter bei den lungengesunden Probanden sowie signifikante Unterschiede der kapnovolumetrischen Parameter zwischen beiden Kälbergruppen ermittelt. Im 2. Versuchsabschnitt wurden die kapnovolumetrischen Lungenfunktionsparameter von zwölf experimentell mit Mycoplasma bovis infizierten Kälbern mit denen von sechs Kontrollkälbern bis zum 14. Tag post infectionem verglichen. In beiden Versuchsabschnitten diente die impulsoszilloresistometrische Erfassung von Atemwegswiderständen als lungenfunktionsdiagnostische Referenzmethode. Zusätzliche Hinweise auf eine Beeinträchtigung des Atmungsapparates lieferten jeweils die Analyse der Ventilation sowie ergänzende Untersuchungen (klinische Untersuchung, direkter und indirekter Nachweis pneumopathogener Erreger, postmortale pathologisch-anatomische und histologische Untersuchung). Ergebnisse: Versuchsabschnitt 1: Bei den Kälbern mit negativer respiratorischer Anamnese ließen sich - eine positive lineare Korrelation zwischen dem pro Exspiration eliminierten CO2-Volumen sowie der Fläche unterhalb der CO2-Exspirationskurve und dem Tidalvolumen, - eine positive lineare Korrelation zwischen den Mischluftvolumenanteilen zwischen 25 und 50% sowie zwischen 50 und 75 % der endtidalen CO2-Konzentration und dem Inspirationsvolumen, - eine negative lineare Korrelation zwischen dem Anstieg der Phase III und dem Tidalvolumen und - eine positive lineare Korrelation zwischen den fünf definierten Totraumvolumina und dem Tidalvolumen nachweisen. Trotz der Abwesenheit klinischer Symptome wurden im vierten, fünften und siebenten Lebensmonat in der Kälbergruppe mit positiver respiratorischer Anamnese periphere Atemwegsobstruktionen mittels Impulsoszilloresistometrie erfasst. Zusätzlich ließ sich bei diesen Tieren zu fast allen Untersuchungszeitpunkten eine Intensivierung der Ventilation beobachten. Die meisten der kapnovolumetrischen Parameter unterschieden die Kälbergruppe mit negativer und die Kälbergruppe mit positiver respiratorischer Anamnese in nahezu jedem Lebensmonat signifikant voneinander. In Letzterer gab es dabei stets Hinweise auf eine obstruktiv bedingte Deformation der Kapnogramme sowie eine Vergrößerung des Totraumvolumens. Die Kälber mit positiver respiratorischer Anamnese zeigten gegenüber den Kälbern mit negativer respiratorischer Anamnese - eine signifikant verminderte CO2-Elimination pro Atemzug, - eine signifikante Vergrößerung der Quotienten aus den Mischluftvolumenanteilen zwischen 25 und 50% sowie zwischen 50 und 75 % der endtidalen CO2-Konzentration und dem vorausgegangenen Inspirationsvolumen, - eine signifikant flacher ansteigende Phase II des volumetrischen Kapnogramms, - eine signifikant steiler ansteigende Phase III des volumetrischen Kapnogramms und - eine signifikante Vergrößerung der relativen Totraumvolumina berechnet nach Langley, Wolff und Brunner und Bohr. Anhand der Ergebnisse der serologischen Untersuchung konnte das vermehrte Vorliegen chronisch-persistierender Chlamydien-Infektionen bei den Kälbern mit positiver respiratorischer Anamnese festgestellt werden. Im Rahmen der postmortalen histologischen Untersuchung fiel in dieser Gruppe weiterhin eine Hyperplasie des bronchusassoziierten lymphatischen Gewebes mit Einengung der Lumina von Bronchien und Bronchiolen auf. Versuchsabschnitt 2: Trotz minimaler respiratorischer Symptome an den Tagen + 8 und + 10 post infectionem in der experimentell mit Mycoplasma bovis infizierten Kälbergruppe konnten bei diesen Tieren anhand der impulsoszillometrischen Untersuchung keine Hinweise auf erhöhte Atemwegswiderstände erfasst werden. Die ventilatorischen und kapnovolumetrischen Parameter wiesen ebenfalls bis zum Tag + 14 fast ausnahmslos keine signifikanten Unterschiede zwischen den Kontrollkälbern und den experimentell infizierten Kälbern auf. Der Erreger Mycoplasma bovis ließ sich in den postmortal entnommenen Gewebeproben des Atmungsapparates dieser Tiere reisolieren. Sie zeigten weiterhin eine Serokonversion gegen Mycoplasma bovis ab dem Tag + 10. Schlussfolgerungen: Die volumetrische Kapnographie ermöglicht die Erfassung obstruktiv bedingter, klinisch inapparenter Lungenfunktionsstörungen an wachen, spontan atmenden Kälbern. Die kapnovolumetrischen Parameter sollten bei dieser Tierart analog zur Human- und Pferdemedizin unter Beachtung des Einflusses der Ventilation analysiert werden. Da die Methode nicht invasiv und mit geringem Zeitaufwand anwendbar ist, kann sie für weiterführende Untersuchungen empfohlen werden.

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